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1. Prototyp Mercedes Benz 190 SL (1954)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Mercedes-Benz W 121 B II (Verkaufsbezeichnung Mercedes-Benz 190 SL) ist ein Sportwagen von Daimler-Benz, der von 1955 bis 1963 als Roadster (wahlweise auch mit Coupédach erhältlich) angeboten wurde.

 

Die Zahl 190 steht in der Verkaufsbezeichnung für den Hubraum in Centiliter gemessen, die Zusatzbezeichnung SL ist die Kurzform für „Sport Leicht“.

 

Der Mercedes-Benz 190 SL basiert technisch auf der Limousine der Baureihe W 121 („Ponton-Modell“). Zur Unterscheidung vom Pontonmodell 190 wurde der Werkscode W 121 um den Zusatz B II (für Baureihe II) ergänzt, sodass die korrekte interne Bezeichnung W 121 B II lautet. In Anlehnung an die spätere Kennzeichnung der SL-Modelle mit dem Kürzel R (für Roadster, ab Baureihe 107) wird der 190 SL gelegentlich aber auch als R 121 bezeichnet.

 

Der 190 SL war ausschließlich mit einem 1,9-Liter-Ottomotor erhältlich. Dieser war eine eigenständige Entwicklung (M 121 B II) und leistete mit 77 kW (105 PS) mehr als der gleich große Motor der Limousine.

 

1953 gab es erste Studien einer zwei- bzw. viersitzigen Variante des 180er Ponton-Limousinen-Modells, deren Karosserien weitgehend der Limousine entsprachen, aber zugunsten eines Entwurfes von Walter Häcker und Hermann Ahrens verworfen wurden.

 

 

190 SL und 300 SL auf der International Motor Sports Show in New York im Februar 1954

 

 

Der 190 SL sollte nahe an seinen „großen Bruder“, den 300 SL Flügeltürer, heranrücken. Die Fahrleistungen waren allerdings erheblich geringer (77 kW/105 PS gegenüber 158 kW/215 PS). Daimler-Benz bezeichnete den 190 SL deshalb in den Prospekten als „Touren-Sportwagen“.

 

Das Nebeneinander von zwei unterschiedlichen SL-Baureihen war einmalig in der Geschichte von Daimler-Benz. Erst seit der Einführung der SLK-Baureihe gibt es wieder zwei unterschiedliche Roadster-Modelle, weshalb der 190 SL mitunter als Vorgänger des SLK angesehen wird.

Im September 1953 trug der US-Importeur von Daimler-Benz, Max Hoffman, dem Unternehmensvorstand seine Ideen zur Steigerung des US-Geschäfts vor. Er wünschte sich zwei unterschiedlich konzipierte Sportwagenmodelle als Ergänzung für die bis dahin eher konservative Mercedes-Modellpalette.[1]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für die Konzeption eines echten Sportwagens bot sich als Basis das Rennsport-Coupé 300 SL von 1952 an, das in den USA durch den Sieg bei der Carrera Panamericana Aufmerksamkeit erzielt hatte. Neben diesem sollte auch ein sportlicher Reisewagen mit hoher Alltagstauglichkeit angeboten werden. Hoffman erhielt die Zusage, dass vom 6. bis 14. Februar 1954 jeweils eine Studie dieser Fahrzeuge in New York auf der „International Motor Sports Show“ ausgestellt werden könne.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Trotz der äußerst kurzen Entwicklungszeit von nur fünf Monaten konnten Prototypen des 300 SL und des 190 SL angefertigt werden, die von den Besuchern auf der New Yorker Autoschau und der Fachpresse begeistert aufgenommen wurden. Die Entwicklung des 300 SL war schon sehr weit vorangeschritten, sodass die Produktion im August 1954 beginnen konnte. An der New Yorker Ausführung des 190 SL nahm das Karosserie-Konstruktionsteam von Walther Häcker im Laufe des Jahres 1954 noch mehrere optische Retuschen vor, um dieses Fahrzeug näher der von Friedrich Geiger entworfenen Form des 300 SL anzugleichen (z. B. Entfernung der Lufthutze auf der Motorhaube sowie Retuschen an Blinkleuchten, Kühlergrill, Stoßstangen, hinterem Kotflügel und Armaturenbrett).

 

 

 

 

 

Der erste überarbeitete 190 SL wurde im März 1955 beim Genfer Automobilsalon gezeigt. Die Serienfertigung begann zwei Monate später im Werk Sindelfingen, wo auch der 300 SL produziert wurde. Die ursprünglich anvisierte Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h ließ sich nicht realisieren. In der Praxis war oft bereits bei ca. 170 km/h das Maximum erreicht.[2]

 

Zur IAA 1955 in Frankfurt am Main lag der Grundpreis der teuersten Variante „Coupé mit Hardtopaufsatz und Stoffverdeck“ bei 17.650 DM, was nach heutiger Kaufkraft und inflationsbereinigt 45.200 Euro entspricht. Ein Porsche 356 kostete damals 13.000 DM (heute 33.300 Euro).[3][4] Mit einigen Zusatzausstattungen konnte der Preis eines 190 SL auf über 20.000 DM (51.200 Euro) steigen. Für die Hälfte dessen war eine Mercedes-180-Ponton-Limousine erhältlich. Der Verkaufspreis in den USA war im Vergleich zu dem in Deutschland niedriger angesetzt. Der Preis in Deutschland blieb über die gesamte achtjährige Bauzeit unverändert.

 

 

 

 

 

Mit 25.881 gebauten Fahrzeugen erwies sich das Konzept eines Reisesportwagens mit Anlehnung an die Großserientechnik als erfolgreich. Der 190 SL verkörperte in der noch jungen Bundesrepublik Deutschland der Wirtschaftswunderzeit das „Wir-sind-wieder-wer-Gefühl“ und war ein beliebtes Requisit in vielen deutschen Spielfilmen dieser Ära.

Die Karosserie des 190 SL war nach dem Vorbild des 300-SL-Flügeltürers aerodynamisch günstig geformt. Mit dem Hardtop wurde ein Cw-Wert von 0,461 ermittelt.

 

 

Die Fahrzeugfront des 190 SL war in Bezug auf Stil und Abmessungen mit der des 300 SL Flügeltürers vergleichbar

 

 

 

 

Viele Stilelemente übernahm man vom „großen Bruder“ 300 SL, u. a. die Frontmaske, die Stoßstangen, die vorderen Scheinwerfer und Teile der Motorhaube. Die Heckleuchten und Fahrwerkskomponenten stammten von den Ponton-Fahrzeugen. Der 190 SL wurde außen mit Chromschmuck entsprechend dem Zeitgeschmack versehen. In den USA waren Stoßstangenhörner wegen der dort erforderlichen Höhe vorgeschrieben, in Europa gegen Aufpreis erhältlich.

 

 

 

 

 

 

Neben optischen Ansprüchen hatten die Ingenieure auch die Funktionalität berücksichtigt. Die an den vorderen und hinteren Kotflügeln angebrachten horizontalen Lanzetten (spitz auslaufende Ausbuchtungen) beispielsweise gaben dem Wagen nicht nur ein elegantes Äußeres, sie schützten die Fahrzeugflanken auch vor aufgewirbeltem Schmutz.

 

Die Karosserie des 190 SL wurde aus Stahlblech hergestellt, die Motorhaube, die Kofferraumklappe, die Türschwellen- und die Türhaut bestanden aus Aluminium. Der 190 SL wog 1180 kg (1200 kg bei aufgesetztem Hardtop). Im ursprünglichen Konzept war ein Leergewicht von ungefähr 1000 kg angestrebt worden, notwendige Versteifungen an der Karosserie ließen aber das tatsächliche Fahrzeuggewicht höher ausfallen.

 

 

 

 

 

 

Der 190 SL wurde in drei Varianten angeboten:

 

  • ab Mai 1955 Roadster mit Stoffverdeck – Baumustercode 121.042 – Preis 16.500 DM (nach heutiger Kaufkraft 42.251 Euro)
  • ab Dezember 1955 Coupé mit Hardtopaufsatz (d. h. ohne Stoffverdeck/Verdeckkasten) – Baumustercode M 121.040 – Preis 17.100 DM
  • ab Dezember 1955 Coupé mit Hardtopaufsatz und Stoffverdeck – gleicher Baumustercode wie Coupé – Preis 17.650 DM (45.196 Euro)

Die Mehrzahl der hergestellten Modelle waren Roadster. Hier gab es die Möglichkeit, ein passendes Hardtop nachzurüsten. Mit der teuersten Version, dem „Coupé mit Roadsterverdeck“, gab es für den Ganzjahreseinsatz beide Dächer. Die 190-SL-Coupéversion wurde sehr selten bestellt, weil man nach Abnahme des Hardtops zum Offenfahren auf schönes Wetter angewiesen war. Ebenso hatte eine spätere Nachrüstung des Stoffverdecks samt Verschlussmechanik und Verdeckkasten hohe Mehrkosten zur Folge.

 

 

 

 

In den ersten Verkaufsprospekten wurde eine Sportversion des 190 SL angeboten. Für den Renneinsatz (gedacht wurde hier an regionale Bergrennen oder Rallyes) sollten bessere Fahrleistungen durch die Verringerung des Fahrzeuggewichts erzielt werden. Hierzu konnten die Stoßstangen und das Verdeck abgenommen werden. Zusätzlich konnte die Windschutzscheibe durch eine kleine, leichte Plexiglasscheibe am Fahrerplatz ersetzt und die Türen gegen spezielle Leichtmetall-Exemplare ohne Fenster ausgetauscht werden. Von diesem „Sportroadster“ wurden jedoch nur 17 Fahrzeuge (Quelle: Motor-Klassik 2/1986) produziert, die Modellvariante wurde im März 1956 eingestellt.

Viele Bauteile basierten auf der 1953 vorgestellten Limousine 180 (W 120), zum Beispiel die mit dem Ponton-Modell verwandte Bodengruppe, bei der lediglich der Radstand geringfügig verkürzt wurde. An der Hinterachse kam die neu entwickelte Eingelenk-Pendelachse zum Einsatz.

 

Der OHC-Vierzylindermotor mit 1897 cm³ Hubraum, 105 PS und einer Verdichtung von 1:8,8 war eine Neuentwicklung. Dieser Motor wurde später auch in dem 1956 vorgestellten Mercedes-Benz Typ 190 (Code W 121 B I) eingebaut, wo er in gedrosselter Version 75 PS leistete.

 

Da eine Benzin-Einspritzung aus Kostengründen von der Unternehmensleitung noch verworfen wurde, boten sich verschiedene Vergaser-Alternativen von SU (Skinner Union) aus Großbritannien, des italienischen Unternehmens Carburatori Weber und der Deutschen-Vergaser-Gesellschaft (Pierburg GmbH/Solex-Vergaser) an. Nach mehreren Testreihen und dank freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Vorständen von Daimler-Benz und Pierburg wurden in den Serienfahrzeugen je zwei Solex-Flachstrom-Registervergaser eingebaut. Diese Entscheidung führte zu einem der wenigen Schwachpunkte des 190 SL, der sich im Lauf der Jahre herausstellte. Oft schlugen die Drosselklappenwellen der Solex-Vergaser mit der Zeit aus; dadurch ließ sich der Motorlauf nicht mehr exakt einstellen. Ebenso waren damit ein Leistungsabfall und ein schwer justierbarer Leerlauf des Motors verbunden. Die notwendige Vergaser-Überholung war und ist ein kostspieliges Unterfangen. Bei vielen Gebrauchtfahrzeugen (insbesondere bei USA-Reimport-Wagen) wurden nachträglich die weniger anfälligen italienischen Weber-Vergaser eingebaut.

 

Die mit Kühlrippen („Turbokühlung“) versehenen Trommelbremsen waren denen des größeren 300 SL ähnlich. Ab dem zweiten Modelljahr (1956) wurde serienmäßig der Bremskraftverstärker T 50 von ATE eingebaut. Danach wurde auch die Bremsleistung in verschiedenen Testberichten lobend erwähnt. Scheibenbremsen wurden erst beim Folgemodell 230 SL („Pagode“) verwendet.

 

Das Getriebe des 190 SL war eine Weiterentwicklung des seinerzeit in allen Mercedes-Benz-Personenwagen eingebauten Vierganggetriebes. Nachdem die US-Studie von 1954 noch einen langen Schwanenhals-Schalthebel besaß und in ersten Prospekten eine Lenkradschaltung abgebildet war, erhielt der 190 SL beim Serienanlauf einen geraden Schaltknüppel auf dem Getriebetunnel. Ein Automatikgetriebe gab es nicht.

 

 Technische Daten: